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Rom sehen und…sterben?

Ich hoffe, dass obiges Zitat nicht zutrifft, zumindest für mich die nächste Woche nicht.

Ein peinliches Geständnis: Die ganze Woche mache ich mir Sorgen, wo sich andere wohl freuen würden: Sorgen um einen Besuch in Rom.

Etwas Hintergrund: Meine Frau hat noch Resturlaub und wollte, um den Arbeitsstress kurz zu entkommen, eine Woche Urlaub machen. Genauer gesagt. Sie wollte einen Tapetenwechsel. Ich hingegen bin vor Kurzem aus den USA zurückgekehrt und würde mich lieber ins Zeug legen. Ich bin nämlich dabei, ein neues Buch zu überarbeiten und komme erst jetzt richtig in Schwung.

Ich habe aber Verständnis dafür, dass meine Frau nach einem Tapetenwechsel verlangt, auch wenn ich selbst nur äußerst selten dieses Bedürfnis verspüre. Ich hocke gerne in der Stube. Wahrscheinlich stehe ich mit dieser Einstellung nicht so ganz allein. Ich höre, dass viele Männer – vor allem, nachdem sie ein gewisses Alter erreicht haben – ähnlich empfinden. Frauen hingegen viel seltener.

Aber genug erzählt aus meinem Eheleben.

Wir haben uns schließlich auf Rom geeinigt. Ein passendes Reiseziel für mich als gelernter Altphilologe.

Nun fangen wir mit den schlechten Nachrichten an.

Kaum erwähne ich unsere Reisepläne, erreicht mich die ersten Horrorgeschichten. Jeder, mit dem ich rede, hat seine höchstpersönliche Anekdote, nach dem Motto: Rom, Stadt der mehrhändigen Taschendiebe. Aufpassen, höre ich: Man wird angerempelt, und zack! wird einem die Tasche geleert. Bloß keine Umhangtaschen! Sie schneiden dir die Riemen weg. Oder: Eine(r) fragt nach dem Weg, breitet mit großer Fanfare einen Stadtplan aus – und siehe da: Während man den Weg bespricht, langt eine Hand von unter dem Stadtplan in die Tasche.

Und die Klopfer. Die Klopfer? Man sitzt endlich wieder im Zug auf dem Weg nach Hause. Man freut sich, denn man hat Rom bisher ohne Zwischenfall überlebt. Plötzlich klopft einer gegen das Fenster und versucht durch wilde Gesten, etwas mitzuteilen. Während man aufmerksam auf dieses Theater schaut, hat sein Partner einen Koffer oder eine Tasche schon mitgehen lassen.

„In unserer Reise Gruppe haben sie einem den Geldbeutel aus der vorderen Tasche geklaut“, sagt mir Frau D. „Sie sind flink, sehr flink.“

„Meinem Vater“, erzählt T., wurde im Bus 400.000 Lire aus der Tasche entnommen. Bloß keine Busfahrten. Lieber mit dem Taxi.“

„Ja, eine Truppe Mädchen, sie waren vielleicht 10-14 Jahre alt, kamen auf uns an der Spanischen Treppe zu. Auf einmal sehe ich, wie eine versucht, meiner Frau die Bauchtasche zu entwenden“, sagt E. „Ich habe sie empört angeschrien, und sie haben sich in alle Winde zerstreut wie Spatzen.“

„Wie sagt man ‚hau ab‘ frage ich Maria. Sie ist Italienerin. Ich erkläre ihr die Umstände.

„Vatene“, antwortet sie.

„Und in der Mehrzahl?“

„Andatevene.“

„Das klingt zu kompliziert.“

„Dann sag lieber ‚sparisci‘ im Singular und ‚sparite‘ im Plural. Das bedeutet ‚verschwinde‘ und ‚verschwindet‘.“

„Ja, das mag ich. Und meinen Fotoapparat? Kann ich meinen Fotoapparat mitbringen?“

„Ja, natürlich“, sagt Maria, „aber gut verstecken.“

„Wieso muss ich meinen Fotoapparat gut verstecken? Ich will Fotos machen…“

Wer sich noch mehr die Stimmung verderben lassen will, der liest die einschlägigen Internet-Foren (das Wort „Foren“ ist von „Forum“ wie in „Forum Romanum“ entnommen). Angst um sein Hab und Gut tritt bald ein. Pure Angst. Ja, und bloß keine U-Bahn fahren.

Rom sehen und sterben. Der alte Spruch hat freilich nichts mit Taschendieben als Ursache des Sterbens zu tun. Es geht um eine Sehnsucht für die ewige Stadt. Nur: Der eigentliche Spruch lautet: „Neapel sehen und sterben“. Inzwischen fantasiere ich, dass meine Reise nicht nach Rom, sondern in ein Kriegsgebiet führt.

Wie dieser Urlaub in Wirklichkeit ausgeht, werde ich in zwei Wochen verraten. Nächste Woche habe ich vor, Fotos von reizenden Dieben zu schießen.

Ciao und a rivederci.

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