You are here

Hilfe! Meine Berechtigungen gehen in den Dutt!

In meiner New Yorker Kindheit, haben wir in der Schule die Lehrerin um Erlaubnis gebeten, wenn wir auf die Toilette mussten. Das war eine Zeit, als man im Klo noch nicht rauchte und keine Klopapierknäueln in die Toiletten warf, um diese außer Betrieb zu setzen.

Wir nannten dieses Um-Erlaubnis-bitten „asking permission“.

Nun erfahre ich als Smartphone-Anfänger, dass die sog. „Apps“, also Applikationen, Anwendungen, die ich auf meinem Phone herunterladen möchte, von mir eine oder mehrere „Permissions“ (notabene: dieses Wort hat im richtigen Englisch keine Mehrzahl) verlangen, bevor ich sie installieren darf. Aber was sind das für „Permissions“? Manchmal ist es etwas Offensichtliches. Wenn, z.B., meine Schreibapp, um Erlaubnis bittet, auf die Speicherkarte schreiben zu dürfen, oder wenn meine Nachrichtenapp ins Internet einloggen will. Aber warum will meine Schachapp eine „Permission“ mit dem Namen „read_phone_state“ – zu Deutsch „Telefonstatus lesen und identifizieren“ haben?

Das klingt ominös – und ist es auch. Denn wenn ich diese „Permission“ erteile, darf der App-Hersteller die Identität derer, mit denen ich telefoniere, kenntlich machen. Gott weiß, wozu er dies braucht.

Um die Sache auf die Schliche zu kommen, mailte ich meinen Freund Andreas Itzchak Rehberg. Er ist eine (bzw. DIE) Koryphäe auf dem Gebiet der Android-Telefone und -Tabletten in Deutschland und Autor mehrerer sehr spannender und informativer Bücher zum Thema. Mit seiner Genehmigung zitiere ich Auszüge aus seiner Antwort: „In den wenigsten Fällen steckt da eine böse Absicht des Entwicklers dahinter“, schrieb er, womit er mich auf der Stelle beruhigte. Dann teilte er mir verschiedene Gründe dafür mit, warum sich ein Apphersteller, diese komische „Permission“ erbittet. Hier zwei davon: 1.) „Das verwendete Werbe-Modul verlangt es“ 2.) „Naivität des Entwicklers“. Es handelt sich jedenfalls um harmlose Dinge. Um etwaige Verunsicherungen auszuräumen, sollte ich, riet er mir, bevor ich eine App herunterlade, auf die Zahl der Installationen im Playstore und um die Bewertungen achten.

Und gleich kam die Retourkutsche:

„Du, nun habe ich eine Frage“, schrieb er. „Ich sagte gerade einem Kollegen, dass da etwas ‚in' Dutt‘ wäre. Der schaute ganz verDUTTzt. Und jetzt frage ich: Woher kommt dieses ‚Dutt‘? So viel weiß ich: Det stammt aus meine Heimat. Jedenfalls: Wenn etwas ‚in Dutt‘ ist, ist es futsch, kaputt. Und was hat das mit den Haarknäueln zu tun, wie die Frauen sie in den 1960er Jahren trugen?“

Um auf Itzchaks Frage zu antworten, brauche ich freilich keine „Permissions“. Ich werfe lediglich einen Blick in mein Küppers „Wörterbuch der deutschen Umgangssprache“ und werde sogleich fündig.

Also, Itzchak, Folgendes: Nach Küpper hat der „Dutt“ mehrere Bedeutungen. Aber fangen wir von Vorne an. Ursprünglich ist ein „Dutt“, so Küpper, „eine kleine Erderhebung“. Wieso nennt man eine Erderhebung „Dutt“? Küpper nimmt dazu keine Stellung. Aber ich! Ich habe dazu eine Theorie: Es gibt nämlich neben dem Wort „Dutt“ auch die Vokabel „Dutte“, die die „weibliche Brust“ bezeichnet. Es liegt nahe, dass man eine kleine Erderhebung als „Brust“ auffasst – vor allem in der Zeit, als man noch keine Smartphones hatte, um sich mit dämlichen „Permissions“ abzulenken.

Aber weiter. Irgendwann bekam dieses Wort im norddeutschen Raum den Nebensinn „Kopf“ oder „Schädel“. Von daher hob der Nordmensch an, seinem Kumpel zu drohen "eins auf den Dutt zu geben."

(Unterdessen benutzte man „Dutt“ schon immer im Sinne von „Knäuel“ und „Klumpen“. Das mit dem „Frauenzopf“ ist erst um 1850 belegt. Aber das nur nebenbei).

Allmählich versteht man, wie etwas "in den Dutt gehen" kann, wenn es kaputt gegangen ist.

Nun hoffe ich, dass ich auch dich, lieber Itzchak, in der Sache mit dem „Dutt“ weitergebracht habe. In der Mehrzahl übrigens „Dutte“ oder „Dutts“. (wie „Permissions“).

Ach. Beinahe habe ich vergessen, etwas Ärgerliches zu erwähnen. Und zwar, dass es mir unverständlich ist, dass die deutsche Übersetzung für „Permission(s)“ ausgerechnet „Berechtigung(en)“ lauten muss!

Mir wäre, ehrlich gesagt, „Erlaubnis(se)“ lieber. Nie habe ich meine Lehrerin um eine Berechtigung gebeten, wenn ich aufs Klo musste. Und niemals schmissen wir unsere Dutte in die Toilette. Ich rede freilich von einem anderen Jahrhundert, als Permission noch keine Berechtigung war.

Add new comment

Filtered HTML

  • Web page addresses and e-mail addresses turn into links automatically.
  • Allowed HTML tags: <a> <p> <span> <div> <h1> <h2> <h3> <h4> <h5> <h6> <img> <map> <area> <hr> <br> <br /> <ul> <ol> <li> <dl> <dt> <dd> <table> <tr> <td> <em> <b> <u> <i> <strong> <font> <del> <ins> <sub> <sup> <quote> <blockquote> <pre> <address> <code> <cite> <embed> <object> <param> <strike> <caption>

Plain text

  • No HTML tags allowed.
  • Web page addresses and e-mail addresses turn into links automatically.
  • Lines and paragraphs break automatically.
CAPTCHA
This question is for testing whether you are a human visitor and to prevent automated spam submissions.
Image CAPTCHA
Enter the characters shown in the image.