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Ruhmreiche Idee zu verschenken

Hallo! Ist jemand aus dem Kreis meiner Leser Naturwissenschaftler?

Heute möchte ich nämlich eine einmalige Gelegenheit verschenken. Genauer gesagt, eine Eingebung verschenken, die für ein/en/e Naturwissenschaftler/in (die Sprache wird immer umständlicher) zum beruflichen Erfolg führen könnte.

Aber vorerst Persönliches: Ich war nicht immer ein Wortschmied. Nein. Einst strebte ich eine naturwissenschaftliche Laufbahn an.

In der zehnten Klasse verbrachte ich die Mittagspause im protozoologischen Labor der Highschool. Ich war das einzige Mitglied des protozoologischen Klubs. Während ich mein von Zuhause mitgebrachtes Sandwich schnabulierte, beobachtete ich Urtierchen unter dem Mikroskop.

Mr. Landowsky, der zuständige Lehrer, bezeichnete mich als sein kleines Pantoffeltierchen – auf Englisch: „little paramecium“. Damit meinte er mit Sicherheit nichts Anzügliches. Damals war die Welt ganz anders: unschuldiger.

Obiges nur einleitend. Meine Karriere als Protozoologe, sprich als Naturwissenschaftler, ging jäh zu Ende, als ich im folgenden Jahr Physik pauken musste. Ich war in diesem Fach leider keine Leuchte.

Jetzt überspringen wir die Jahre. Ich bin nicht mehr Mr. Landowskys kleines Pantoffeltierchen, sondern Geliebter meiner damaligen Lebensabschnittspartnerin Virginia. Wir bewohnen in Santa Barbara ein hübsches Häuschen in den Vorbergen der Santa Ynez Berge. Man schreibt den 9. Februar 1971. Es ist ca. 6h in der Früh. Virginia und ich schlafen den Schlaf der jugendlichen Unschuld. Plötzlich werde ich aus den Träumen gerissen. Denn unser Häuschen scheint hin und her zu schaukeln. Es ist als ob ein Riese unser Häuschen in seiner großen Hand hält und sachte Bewegungen macht. „Was geht hier vor?“ frage ich schlaftrunken.

Virginia, gebürtige Kalifornierin, reagiert gelassen. „Ach, bloß ein Erdbeben“, sagt sie.

Augenblicklich erwacht der junge Forscher in mir aus dem langen Schlaf. Ich springe wie neugeboren aus dem Bett und haste – der Boden bebt noch – zum Telefon. (Notabene: Es gab damals weder Handys noch tragbare Telefone). Ich wähle die amtliche Zeitangabe. Ich glaube, die Nummer lautete „MEridian 6 1212“ und notiere die Zeit (ich besaß keine Uhr).

Ach! Das Wichtigste habe ich vergessen zu erwähnen: Ich war damals als professioneller Astrologe tätig. Ja, ich verdiente mein Geld (es war zwar ein bescheidenes Auskommen), indem ich für Kunden (meistens waren es Kundinnen) Horoskope erstellte und deutete. Keine einfache Arbeit, sollte ich betonen. Ein Horoskop genau mathematisch zu errechnen, erforderte etwa zwei Stunden, es zu deuten noch zwei Stunden. Aus Gründen, auf die ich hier nicht weiter eingehe, habe ich diesen Beruf 1972 an den Nagel gehängt. Das ist aber eine lange Geschichte. Vielleicht ein anderes Mal.

Ich war aber als Astrologe ein kritischer Geist, der naturwissenschaftlich dachte. Und nun war ich neugierig, ob man anhand von einem Ortshoroskop ein Erdbeben wie dieses hätte voraussehen können. Aus der Zeitung – damals gab es noch kein Internet – erfuhr ich, dass das Epizentrum in Los Angeles lag. Ich setzte mich nun hin und errechnete die Stellen der Himmelskörper und studierte das Ergebnis sorgfältig. Ich fand aber nichts, was meiner Meinung nach, ein Erbeben aus astrologischer Sicht hätte veranlassen können. Keine dramatischen Konfigurationen also. Kurzlebige Enttäuschung.

Doch plötzlich hatte ich einen Einfall der besonderen Art. Ich fragte mich: Ist die Errichtung eines üblichen geozentrischen Horoskops – also mit der Erde als Mittelpunkt – vielleicht die falsche Arbeitsweise, um ein Erdbeben vorauszusehen? Womöglich, sann ich. Und nun erstellte ich ein heliozentrisches Horoskop – also eine Momentaufnahme der Lage der Himmelskörper mit der Sonne als Mittelpunkt. Zum Glück besaß ich sowohl geozentrische wie auch heliozentrische Tabellen – „Ephemeriden“ genannt, um diese Positionen zu messen.

Das Ergebnis war vielversprechend, auch wenn ich es hier leider ungenau wiedergeben muss. Die Geschichte liegt nämlich ein paar Jährchen zurück. Ich konstatierte aber folgendes Bild: Im Augenblick des Erdbebens lag die Sonne zwischen Jupiter und Saturn. Die Erde befand sich in einem rechten Winkel zu beiden Planeten. Und da wir außerdem gerade Vollmond hatten, steckte die Erde zwischen Sonne und Mond.

Meine damalige Frage: Kann es sein, dass das Erdbeben durch Spannungen ausgelöst wurde, die von den Stellungen der oben erwähnten Himmelskörper ausgingen? Ich begab mich in die Stadtbücherei und recherchierte Ort und Zeit verschiedener Erdbeben der letzten Jahre. Dann erstellte ich heliozentrische Horoskope für alle meine Beispiele. Und siehe da! Eine ähnliche gespannte Lage der Himmelskörper war auch in anderen Fällen zu bemerken. Aber nur manchmal.

Näheres kann ich zu diesem Thema nicht sagen. Aus diesem kleinen Pantoffeltierchen ist doch kein Naturwissenschaftler geworden, sondern Schriftsteller. Falls Sie Naturwissenschaftler sind und meine Beobachtungen weiter untersuchen möchten, vergessen Sie nur nicht: Sie haben darüber beim Sprachbloggeur erfahren. Sonst gehört Ihnen der Ruhm.

Ein anderes Mal meine Lösung für das Energieproblem.

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